Der Kleiber ist ein kleiner Klettervogel, der auch unter dem Namen "Spechtmeise" bekannt ist. Er versteht es sehr gut, an Bäumen sowohl abwärts als auch aufwärts und kopfüber-klettern. Wenn man an Spechten und Baumläufern bewundert, wie zweckmäßig diese ihren Schwanz einsetzen, so beweist der Kleiber, dass es auch anders geht. Seinen auffallend kleinen Schwanz benötigt er zum Klettern überhaupt nicht. Vielmehr setzt der Kleiber seine Füße so auf, dass einer stets oben ist, der andere unten. Durch die große Spannweite der Zehen greift beim Abwärtsklettern immer nur ein Fuß voraus, der andere hängt zur Sicherung seitlich an der Rinde. Beim Aufwärts klettern ersetzt also der untere Fuß den Schwanz. Sowohl beim Aufwärts- als auch beim Abwärtsklettern gilt, dass sich der Kleiber meist schräg zum Stamm bewegt. Kleiber sind durchaus gesellige Vögel, die größtenteils mehrere Jahre oder ein Leben lang zusammenbleiben. Während der Paarungszeit ist der Kleiber ausgesprochen territorial. Das eigene Revier wird vehement gegen Eindringlinge verteidigt. Dabei kommt es seitens der Männchen zu Drohhaltungen, die sich durch einen aufgerichteten Schwanz und gesenkten Kopf zeigt. Mit paddelartigen Bewegungen der Flügel versucht das Männchen einen Fressfeind oder einen Konkurrenten zu vertreiben. Außerhalb der Paarungszeit, vor allem im Winter, sind Kleiber auch in kleineren Gruppen zusammen. Diese Gruppen können aus verschiedenen Kleiber-Arten bestehen. Während der kalten Jahreszeiten bei Nahrungsmangel kann es zu Teilzügen kommen. Dann fliegen Kleiber in südliche Gefilde. Bei reichlicher Nahrung bleibt der Kleiber ganzjährig im Brutgebiet.
Kleiber sind im gemäßigten Teil Europas und im westlichen Teil Asiens weit verbreitet. In Europa wird lediglich der Norden nicht besiedelt. Im Osten reicht das Verbreitungsgebiet bis ins westliche Sibirien. Im Südosten sind die Kleiber in Kleinasien, im Iran und im Kaukasusgebirge anzutreffen. Der Kleiber bevorzugt als Brutgebiet alte Nadel- oder Laubwälder, in dem er genügend Nahrung findet. Bevorzugt werden Bäume mit rauer Rinde.
Kleiber ernähren sich sowohl von pflanzlicher als auch tierischer Nahrung. Sie fressen zum Beispiel die Samen von Nadelbäumen wie Fichten und Kiefern und andere Sämereien wie auch Körner aller Art und kleine Waldfrüchte. An tierischer Nahrung nehmen sie Insekten und deren Larven, Spinnentiere und kleine Gliederfüßer zu sich. Die Nahrung suchen Kleiber in der Rinde, dem Geäst der Bäume und Sträucher. Ihre Brut versorgen Kleiber hauptsächlich mit Insekten.
Nestbau und Fortpflanzung des Kleiber
Schon an warmen Februartagen beginnen viele Kleiber-Paare sämtliche Höhlen, die sie bei ihrem Streifzug durch ihr Revier vorfinden, zu untersuchen. Besonders bevorzugt sind Specht höhlen. Wenn es wieder kalt wird, erlischt dieses Interesse sofort. Allmählich beschränkt sich diese Inspektion auf einige wenige, offenbar brauchbare Höhlen. Das Weibchen beginnt an warmen und sonnigen Tagen diese Höhlen zu reinigen und von altem Nistmaterial oder ähnlichen zu befreien. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich der Kleiber für diese Höhle entschieden hat. Vielmehr kann das Weibchen in wenigen Tagen verschiedene Höhlen hintereinander säubern. Am Häufigsten kann man dies kurz vor dem Nestbau beobachten. Allmählich geht dieses Reinigen in die ersten Nestbauhandlungen über. Nicht selten überschneiden sich eine Zeit lang beide Triebe. Das Weibchen bringt einiges Nestbaumaterial in die Höhle und nach einiger Zeit wirft sie alles wieder raus. Meist im Laufe des März beginnt der richtige Nestbau. Je nach Form und Größe der Höhle werden anfangs recht große Holzstückchen eingetragen. Dies ist noch kein Nistmaterial, sondern eher Auffüllmaterial, denn es dient ausschließlich dazu, zu große Höhlen zu verkleinern oder Ecken auszufüllen. Gleichzeitig mit dem Auffüllen sieht man auch schon die zweite Tätigkeit, die mit dem Nestbau zusammenhängt-das Eintragen von Lehm. Das Kleben, dem der Kleiber seinen Namen verdankt, beginnt stets im Inneren der Höhle über dem Flugloch. Das Weibchen bringt zum Kleben in der Schnabelspitze Lehm oder feuchte Erde mit, drückt ihn irgendwo an und hämmert mit der Schnabelspitze auf dem Klumpen herum, bis er völlig breit gedrückt ist und alle Fugen ausfüllt. Dies bildet einen großen Teil ihrer Tätigkeit und führt sich fort, sogar bis zum endgültigen Ausfliegen der Jungen. Das Einflugloch der Bruthöhle wird ebenfalls verengt, und zwar so groß, dass der Kleiber gerade noch hineinschlüpfen kann. Die Klebearbeit wird fast nur vom Weibchen übernommen. Durch die Einengung des Fluglochs verhindert der Kleiber das Eindringen von größeren Höhlenkonkurrenten und Nesträubern. Wie erwähnt, wird etwa gleichzeitig mit dem Kleben erstes Nistmaterial als Unterlage herbeigeschafft. Nun wird dünneres Material in Form von kleinen Blättern und dünner Rinde vom Weibchen herbeigeschafft. Das Weibchen schlüpft fast immer mit Baumaterial in ihre Höhle und führt im Nestinneren Drehbewegungen aus, sodass sich die Rinde allmählich ordnen und kleine lose Haufen bildet. Manchmal beteiligt sich das Männchen, aber schlüpft nie mit dem Material in die Baumhöhle, sondern wirft es durch die Höhlenöffnung. Auch wenn die Jungen geschlüpft sind, wird hin und wieder ein Stück Rinde eingetragen.
Eine eigenartige Zeremonie leitet die Paarung ein.
Hohe gedehnte Laute machen auf das Kleiber-Weibchen aufmerksam, welche stereotypen Bewegungen mit dem Kopf macht und dabei mit ihren Flügeln zittert. Das Kleiber-Männchen verfällt in dieselben Töne und Pendelbewegungen, jedoch viel heftiger. Der Kopf wird steil nach oben gehalten und der ganze Körper schwingt mit. Dann kommt es zur Paarung, die mehrmals sein kann. Nach dem letzten Akt wird nochmals die Pendelzeremonie durchgeführt und das Kleiber-Männchen fliegt davon. Etwa eine Woche vor der Eiablage übernachtet das Kleiber-Weibchen im Nest. Das Nest der Kleiber besteht in der Regel aus 5-9 Eiern, die milchig weiß mit dunkelroten Flecken. Das Kleiber-Weibchen brütet etwa 14-19 Tage, bis die ersten Küken schlüpfen. Ein Weibchen verlässt während der Brutzeit das Gelege, um Nahrung zu suchen. Vor Verlassen des Nestes führt es rudernde Bewegungen aus, was dazu führt, dass die Eier mit Rindenstücken bedeckt werden. Das Bedecken des Geleges ist etwas Einzigartiges bei Singvögeln. Lediglich Meisen tun Ähnliches während der Eiablage, aber nicht während der Brutpause. Nachdem die Küken geschlüpft sind, frisst das Kleiber-Weibchen die Eierschale. In den ersten Tagen versorgt das Kleiber-Männchen sein Weibchen mit Nahrung. Nach etwa 20-25 Tagen fliegen die Jungvögel dann aus und sitzen auf den Ästen in der Nähe des Nestes, um ihre Bettellaute hören zu lassen, was etwa 8-10 Tage dauert und sie selbständig sind und eigene Reviere suchen.
Kleiber-Weibchen unterscheiden sich nur wenig von ihren männlichen Artgenossen. Das typische Unterscheidungsmerkmal sind hierbei die für das Männchen typischen kastanienbraunen Flanken, die bei den Kleiber-Weibchen lediglich im gleichen hellen Braunrot wie der Bauch gefärbt sind.
Steckbrief vom Kleiber
Name: Kleiber
Lateinischer Name: Sitta europaea
Klasse: Vögel
Ordnung: Singvögel
Körpergröße: 12-15 Zentimeter
Gewicht: 20-25 Gramm
Lebenserwartung: 3 Jahre
Aussehen: graues Rückengefieder, gelb-rötliches Bauchgefieder
Ernährungstyp: Pflanzen- und Fleischfresser
Nahrung: Samen, Beeren, Körner, Insekten, Larven, Raupen, Spinnen
Verbreitung: Europa, Asien und Nordwest Afrika
Lebensraum: Nadel-Laubwald, Parks und Gärten
Artbestand: etwa 10 Millionen
Natürliche Feinde: Sperber, Falken, Waldkauz, Wiesel
Geschlechtsreife: ab dem 2. Lebensjahr
Paarungszeit: März bis Mai
Brutzeit: 14-19 Tage
Gelegegröße: 5-9 Eier
Sozialverhalten: Einzelgänger, manchmal in kleinen Gruppen
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