Der Biber
- Vagabundo
- 17. Nov. 2023
- 14 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Apr.
Vielleicht haben Sie ihn schon einmal an einem Fluss gesehen, als heimliche Erscheinung, die das Wasser durchschneidet, oder als Baumeister, der sich voll auf seine Aufgabe konzentriert. Doch wie gut kennen Sie den Biber, der nachtaktiv und schwer zu beobachten ist, dessen Spuren jedoch alles andere als unauffällig sind?
Es gibt zwei Arten von Bibern, den europäischen Biber (Castor fiber) und den Kanadischen Biber (Castor canadensis). Biber sind Nagetiere, nach dem südamerikanischen Wasserschwein gelten sie sogar als zweitgrößte Nagetierart der Welt.

Der Biber-das Allroundtalent
Der Biber ist ein eigentliches Allroundtalent im Wasser und auf dem Land. Der Biber ist perfekt an seinen Lebensraum angepasst. Er ist das einzige Tier, das seinen Lebensraum aktiv gestaltet wie ein Baumeister. Er ist Spitzentaucher, Bauherr, Landschaftsarchitekt und Holzfäller in einem. Auf dieser Seite stelle ich euch den Biber vor.
Entlang unserer Bäche und Flüsse zeugen Nagespuren an Baumstämmen oder ästen von der Anwesenheit von Bibern, auch wenn man die Biber selbst nicht sieht. Die großen meiselartigen Schneidezähne wachsen ein Leben lang. Sie sind auf der Außenseite mit einem Orangrote, außerordentlich harten Zahnschmelz versehen. Das Zahnbein dahinter ist eher weich. Durch den Aufbau nutzen sich die Zähne während des Nagens so ab, dass sie sich selber schärfen. Zusammen mit den sehr starken Kaumuskeln machen sie den Biber zu einem hervorragenden Holzfäller. Einen Baum von 30-40 cm Stammdurchmesser fällt ein Biber ohne weiteres in einer Nacht. Wie eine Sanduhr sieht der rundum abgenagte Stamm aus. Der Biber kann auch unter Wasser fressen und nagen. Eine Hautfalte unter den Nagezähnen verschließt dann automatisch den Mundraum damit der Biber kein Wasser verschluckt.


Das Biberfell
Pro Quadratzentimeter Biberrücken wachsen etwa 12.000 Haare, auf dem Bauch sind es mit 23.000 Haaren doppelt so viele. Unsere Kopfhaut bringt es gerade mal auf 300 Haare pro Quadratzentimeter.
Dieser Pelzmantel ist aus zwei verschiedenen Haartypen zusammengesetzt: Grannenhaare und Unterwolle. Diese beiden Haararten sind so angeordnet, dass sich zwischen ihnen beim Abtauchen eine feine Luftschicht bildet. Diese Luftschicht sorgt dafür, dass die Haut des Bibers trocken bleibt. Zusätzlich dient sie als Wärmeisolation. Das Imprägnieren seines Fells nimmt der Biber ganz genau. Deshalb verbringt der Biber viel Zeit mit der Fellpflege. Bei dieser ausgiebigen "Bibertoilette" gelangt die Putzkralle zum Einsatz, eine Doppelkralle an der zweiten Zehe der Hinterpfote. Sie ermöglicht dem Biber, die längeren Grannenhaare in einzelne Strähnen durchzukämmen. Die Vorderpfoten gelangen besonders beim Einfetten des Fells in der Bauchregion und am Kopf zum Einsatz.

Die Pfoten des Bibers
Außerhalb des Wassers wirkt der Biber etwas plump. Seine Vorderpfoten sind kürzer als seine Hinterbeine, was ihm seine bibertypische Gestalt verleiht. Um sich einen Überblick in dichter Vegetation zu verschaffen, stellt er sich auf die Hinterbeine, ebenso beim Fällen eines Baumes. Alle seine Finger und Zehen sind mit relativ kräftigen Krallen ausgestattet und ideale Werkzeuge zum Graben. Seine Vorderpfoten braucht der Biber so wie der Mensch seine Hände. Dabei übernimmt der "kleine Finger" oft die Funktion des schwach ausgebildeten "Daumens". Die Hinterpfoten des Bibers sind dagegen groß und kräftig. Die langen Zehen sind mit Schwimmhäuten verbunden. Sie sind wichtig, damit der Biber schnell schwimmen und tauchen kann.


Bibers Kelle
Bibers Kelle ist der abgeflachte, breite Biberschwanz. Dieser ist mit hornartigen Hautplättchen besetzt. Die Kelle des Bibers ist vielseitig verwendbar. Wie eine Fischflosse dient der Biberschwanz beim Schwimmen für Antrieb und Steuerung. Beim Fressen im Wasser balanciert sich der Biber mit seinem Schwanz aus. An Land kann er sich damit abstützen. Auch zur Kommunikation wird die Kelle eingesetzt. Er signalisiert den anderen Familienmitgliedern Gefahr, indem der Biber mit der Kelle laut auf das Wasser klatscht.

Die Biberburg
Der Biberbau ist der Zentrale Lebenspunkt der Biber. Sein Eingang liegt immer unter der Wasseroberfläche, als Schutz vor Feinden. Falls nötig, staut der Biber auch das Gewässer. Jede Biberfamilie beansprucht rund um ihren Bau ein Gebiet, das sie vehement gegen fremde Biber verteidigt. Diese Region nennt man Revier. Mit dem so genannten "Bibergeil", welches in den Afterdrüsen produziert wird, markiert der Biber sein Gebiet. Falls sich ein anderer Biber trotzdem in das Revier hineinwagt, wird er von den Besitzern sofort verjagt. Nicht selten kommt es dabei zu Bisswunden. Sie können sogar tödlich sein, wenn sich die Wunde infiziert. Je nach Nahrungsangebot sind die Reviere unterschiedlich groß. Bei einem hohen Bestand an Weichholz kann eine Uferstrecke von 700 Metern Länge für ein Revier ausreichen. In der Regel umfasst es aber mehr als einen Kilometer. Bei schlechten Nahrungsbedingungen beansprucht eine Biberfamilie auch schon mal einen Gewässerabschnitt von drei Kilometern für sich. Der Biberbau bietet der Biberfamilie Schutz vor Feinden, Hitze und Kälte. Hier schläft die ganze Biberfamilie und junge Biber wachsen darin auf. In Mitteleuropa bauen und wohnen Biber meist in einem Erdbau. Dazu graben sie zuerst einen aufsteigenden Gang in einen steilen und lehmigen Uferhang.

Der Eingang liegt dabei immer unter Wasser. Bei Gefahr kann ein Biber so direkt ins Wasser fliehen und sich in seinem Bau in Sicherheit bringen. Der Eingang unter Wasser bewahrt ihn auch vor ungebetenen Gästen wie den Fuchs und den Dachs. Am Ende des Ganges, sicher über dem Wasserspiegel gelegen, wird der Bau zu einem Kessel verbreitert. Dort ist dann später der Wohnkessel der Biberfamilie. Von außen ist ein Erdbau in der Regel nicht erkennbar. Ein Biber ist mit seinem Heim nie zufrieden. Ständig, baut er neue Äste und Zweige ein, vergrößert und verändert. Nicht von ungefähr existiert die englische Redensart: "Work like beavers" (arbeiten wie ein Biber). Im Wohnkessel des Biberbaus mit rund einem Meter Durchmesser lebt die ganze Biberfamilie, Bibereltern und zwei Generationen Jungbiber. Kommt im Frühjahr eine neue Bibergeneration auf die Welt, müssen die zweijährigen Jungbiber auf eigenen Pfoten stehen. Sie müssen sich jetzt eigene Biberreviere suchen. Sollten sie das nicht freiwillig tun, so jagen die Eltern sie unmissverständlich aus der Biberburg. Bibervater und Bibermutter hingegen bleiben ein Leben lang zusammen, normalerweise im gleichen Revier.

2010 haben kanadische Biologen den größten bekannten Biberdamm entdeckt! Er beeindruckt mit einer Länge von 850 m. GoogleMaps bringt Sie direkt zum Damm. Einen faszinierenden Artikel von Jean Thie über den Biberdamm finden Sie hier.
Biberdämme können allerdings auch Herausforderungen mit sich bringen. Um eine ausgewogene Entscheidung beim Management von Biberdämmen zu treffen, muss der jeweilige Lebensraum sorgfältig analysiert werden, um die Funktion von Dämmen und Bauen richtig zu verstehen.
Biber errichten entweder eine Burg, einen Erdbau oder einen sogenannten Mittelbau. Ist das Ufer des Gewässers ausreichend steil und hoch, gräbt der Biber einen reinen Erdbau. Da der Eingang unter Wasser liegt, ist dieser von außen meist kaum sichtbar.
Bei einem sehr flachen Ufer baut der Biber eine oberirdische Knüppelburg, die eine beeindruckende Höhe von über zwei Metern erreichen kann. Auch bei der oberirdischen Burg gräbt der Biber einen Eingang, der unter dem Wasserspiegel liegt.
Die häufigste Behausungsform der Biber ist der sogenannte Mittelbau, eine Kombination aus Erdbau und Burg. Im unteren Teil ähnelt der Mittelbau einem Erdbau, der sich oberhalb der Erdoberfläche als Knüppelburg fortsetzt. Eingearbeiteter Schlamm dichtet den Mittelbau bzw. die Burg ab, wodurch die Biberbehausung über eine gute Wärmeisolation verfügt.
Wird der Baueingang trocken oder ist das Wohngewässer zu klein bzw. der Wasserstand nicht ausreichend tief, können Biber ihre bekannten Dämme errichten, um das Wasser aufzustauen. Die Dämme bestehen aus Stammteilen, Ästen, Zweigen, krautigen Pflanzen und Erde bzw. Schlamm. Dämme werden errichtet, wenn die Wassertiefe etwa 70 bis 80 cm unterschreitet oder wenn die Biber ihre Wege zwischen dem Bau bzw. der Burg und den Nahrungsplätzen nicht mehr schwimmend zurücklegen können.
Die Dämme können beachtliche Größen und Höhen erreichen und neue Lebensräume schaffen. Besonders in gebirgigen Landschaften sind die Stauteiche des Bibers oft die einzigen natürlichen Stillgewässer und wertvolle Lebensräume für viele andere Arten.
Wohndämme dienen der Sicherung des Baus bzw. der Burg und stellen sicher, dass der Eingang stets unter der Wasseroberfläche liegt. „Erntedämme“ werden hingegen angelegt, um schwimmend wichtige Nahrungsquellen zu erreichen, z. B. in Feldgräben, um Felder mit nahrhaften Feldfrüchten auf dem Wasserweg zu erreichen.

Fortpflanzung und Jahreszyklus: Einblicke in das natürliche Verhalten
Biber sind das ganze Jahr über aktiv und halten keinen Winterschlaf! Die aufregende Paarungszeit startet im Januar. Nach einer Tragzeit von 105 bis 109 Tagen werden die ein bis vier Jungen meist Ende April oder Anfang Mai geboren. Diese kleinen Abenteurer kommen bereits mit voller Behaarung und offenen Augen zur Welt. Sie werden zwei bis zweieinhalb Monate gesäugt, beginnen aber schon nach acht Tagen, feste pflanzliche Nahrung zu knabbern.
Nach vier bis sechs Wochen wagen die Jungbiber ihre ersten spannenden Ausflüge, begleitet von ihren Eltern oder älteren Geschwistern. Besonders im Sommer, wenn die Nächte kurz sind, kann man Biber früh morgens oder abends bei Tageslicht beobachten. Ansonsten sind sie vor allem nachtaktiv.
Im Sommer, während sie sich hauptsächlich von Kräutern ernähren, hinterlassen Biber nur wenige Spuren. Doch am Ende der Vegetationsperiode sieht man wieder häufiger ihre Fällungen und Nagespuren, wenn sie fleißig ihren Nahrungsvorrat, das „Nahrungsfloß“, anlegen.
Biber bleiben das ganze Jahr über in ihrem Revier. Bei Hochwasser kann es jedoch passieren, dass sie sich an Orte zurückziehen müssen, die außerhalb ihres gewohnten Reviers liegen.
Biber sind unglaublich soziale Tiere, die meist in Familiengruppen leben. Die Paare sind monogam und bleiben ein Leben lang zusammen. Die Jungtiere bleiben oft bis zur Geschlechtsreife, die sie mit zwei bis drei Jahren erreichen, im Familienverband.
Nahrung der Biber
Der Biber ist Vegetarier. Im Sommer frisst er sich quer durchs Nahrungsangebot. Im Winter wird er zum Weiderindenspezialist. Auf dem Speiseplan der Biber stehen etwa 300 krautige oder verholzte Pflanzen, Bevorzug werden Mädesüss, Wiesenbärenklau, Kanadische Goldrute, Weißer Honigklee und Löwenzahn oder Brennesel. Besonders schätzt der Biber auch die stärkehaltigen Knollen und Wurzelstöcke von Schwertlilien, Rohrkolben sowie See- und Teichrosen. Da die landwirtschaftlichen Nutzflächen heute oft bis nahe ans Ufer von Gewässern reichen, bedient sich der Biber gern auch mit Feldfrüchten wie Zuckerrüben oder Mais. Weil die Biber normalerweise nur die Randzonen der Felder durchstreift, halten sich die Schäden noch in Grenzen. Im Herbst ergänzt der Biber seinen Speiseplan durch Fallobst.
Im Winter ist die Nahrung knapper und der Biber wird zum Rinden- Nahrungsspezialisten. Der Biber nutzt in dieser Jahreszeit am liebsten Rinde und Knospen von Weiden und anderen Weichhölzern. Im Herbst und Winter sieht man daher deutlich mehr Nagespuren an den Bäumen. Weiden haben den Vorteil, dass sie nach dem Fällen rasch Stockausschläge und damit neue Nahrung bilden. Ein Biber frisst am Tag etwa 900 Gramm Rinde, im Sommer besteht die Nahrung aus 1,5-2 Kilogramm Gräsern und Kräutern.

Die Winternahrung Rinde ist nicht besonders nahrhaft und enthält auch verschiedenen Schutzstoffe. Um die Pflanzenfasern und die Borke verdauen zu können, hat sich der Biber angepasst. Sein Blinddarmsack hat ein riesiges Volumen und enthält verschiedene Bakterienstämme. Die Nahrung geht in einer ersten Runde in den Blinddarmsack und wird von diesen Bakterien verdaut. Der Biber scheidet dann einen weißen Pflanzenbrei voll von Protein, Eiweiß und Vitaminen aus und frisst ihn erneut. In der zweiten Runde durch den Magentrakt kann der Biber diese Inhaltsstoffe schließlich verwerten.
Biber halten keinen Winterschlaf. Sie sorgen vor und legen Wintervorräte an. Die Biber sammeln vor dem Baueingang unter Wasser einen Vorrat aus Ästen an.
Dazu rammen sie die Äste in den Boden, damit sie nicht fortgetrieben werden. So muss die Biberfamilie an besonders kalten Tagen keine Energie für die Nahrungsbeschaffung aufwenden. Die Biber können dann ganz bequem im Wasser, in strengen Wintern sogar unter der Eisdecke zu ihrem Vorrat schwimmen und die Äste in den Bau schleppen.
Baumeister - Biber
Die Biber sind die einzigen Tiere, die ihren Lebensraum selber gestalten. So kann der Biber einen langweiligen Kanal in eine Paradiesische Feuchtgebietslandschaft verwandeln- wenn wir ihn lassen. Der Wasserstand von Seen und Flüssen ist selten konstant, sondern verändert sich im Jahresverlauf. Wenn der Wasserstand sinkt, dann besteht die Gefahr, dass die Eingänge der Biberburg plötzlich trocken liegen. Der Biber hat dann keine direkte Verbindung mehr zum Wasser und der Eingang bietet nun für Feinde wie Fuchs, Dachs und Marder ungeschützten Zugang. Deshalb baut der Biber bei stark schwankenden Gewässern einen Damm, damit sich eine Art Stausee mit mehr oder weniger konstanten Wasserspiegel bildet. Solche Dämme findet man in kleinen flachen Gewässern, welche der Biber erst durch den Dammbau und den dadurch entstehenden Stausee überhaupt nutzen kann. Gleichzeitig entsteht so auch neuer Feuchtigkeitslebensraum für viele andere Tierarten.

Der Biber ist ein erstaunlicher Baumeister. Beim Dammbau steckt er abgenagte Zweige und Stämme in den Grund des Baches und befestigt sie mit Steinen, Schlamm und Schilf und was ihm sonst noch zwischen die Pfoten kommt. Oft benutzt er auch einen über den Fluss gestürzten Baum als Halt, um daraus einen Damm zu bilden. Die angeschleppten kleineren Äste werden dann zur Abdichtung mit Schlamm verkleistert. Schlamm befördert der Biber mit seinen Vorderpfoten, die er dabei wie Hände benutzt, Äste und Stämme schleppt er mit den Zähnen. Mit solchen Dämmen sind Biber in der Lage, ein Gewässer mehr oder weniger zu regulieren. Bei Hochwasser und Überschwemmungsgefahr des Wohnkessels nehmen sie die oberen Äste des Dammes weg, damit mehr Wasser ablaufen kann. Bei Wassermangel erhöhen sie den Damm, bis fast kein Wasser mehr abfließt.
Warum fällen Biber Bäume?
Die Biber sind Vegetarier. Während andere Tiere Winterschlaf halten oder nach dürrem Gras suchen, bleibt der Biber am Fluss und frisst Kiloweiße Rinde von Weidenbäumen und Büschen. Am besten schmeckt den Biber die feinen Zweige und Knospen hoch oben in den Kronen. Doch wie soll der Biber mit seinen 20-30 Kilogramm Körpergewicht dort hinaufkommen? Klettern kann der Biber leider nicht. Also legen die Biber die Bäume kurzerhand um und verzehren ihre Nahrung gemütlich am Boden oder im Wasser. Im Sommer stehen übrigens auch allerlei Kräuter, Maiskolben und Früchte auf dem Speiseplan, je nach dem, was sich in Wassernähe befindet.
Der Dammbau machte den Biber einerseits berühmt, andererseits aber auch berüchtigt. Denn durch den Stauprozess werden benachbarte flachere Uferbereiche überflutet. Dadurch sterben Bäume ab, die keine langanhaltende Überflutung überstehen, wie zum Beispiel die meisten Nadelbäume, aber auch Eichen und Buchen. Weichhölzer wie Weiden und Pappeln hingegen sind auf periodisch überflutete Gebiete spezialisiert. Ihre Wurzeln können auch längere Zeit im Wasser stehen. So verändert der Biber Fluss- und Bachlandschaften vollkommen.

Die Biberlaus Platypsyllus castoris
Der Biber beherbergt einen faszinierenden Mitbewohner in seinem Fell: die erstaunliche, augen- und flügellose Biberlaus (Platypsyllus castoris)! Überraschenderweise handelt es sich hierbei nicht um eine Laus, sondern um einen Käfer. Die Biberlaus lebt ausschließlich auf den beiden Biberarten (Castor fiber und Castor canadensis) und hat sich über Millionen von Jahren perfekt an sie angepasst!

Ökologische Bedeutung des Bibers
Der Biber ist der Picasso unter den europäischen Tieren, wenn es darum geht, seinen Lebensraum umzugestalten. Er ist berühmt dafür, kleine Bäche in seine eigene Version von Venedig zu verwandeln – mit Dämmen, die aus einem Rinnsal eine Teich- und Seenlandschaft machen. Aber keine Sorge, er spielt nicht überall den Architekten. Nur wenn sein heimisches Gewässer zu klein ist, um darin sicher seine Biberburg zu erreichen oder die besten Futterplätze anzusteuern, wird er zum Baumeister.
Mit seinen Dämmen zaubert der Biber neue Lebensräume aus dem Hut und sorgt dafür, dass auch in trockenen Zeiten niemand auf dem Trockenen sitzt. Unsere heimischen Amphibien stehen total auf stehende Gewässer und finden sich heute meist in von Menschenhand geschaffenen Teichen wieder. Besonders in den Hügeln und Bergen wäre ohne die Biber-Stauteiche alles andere als ein Froschparadies. Wo der Biber sein Comeback feiert, verwandelt er kleine Bachtäler in eine Kette von Stauteichen, die als Amphibienpartyzone dienen.
Wenn Biber in größeren Gewässern chillen, lassen sie die Dämme meist sein. Aber auch dort sind sie nicht untätig – sie fällen Bäume und schaffen so „Biberwiesen“, die für viele Pflanzenarten wie Mädesüß der perfekte Ort sind, um die Sonne zu genießen.
Als Landschaftsarchitekt ist der Biber unschlagbar, und ohne ihn wären natürliche Gewässerökosysteme so langweilig wie ein ungesalzener Brei. Seine Rückkehr ist ein Muss für die Party der Wasserbewohner. Der Biber ist eine der VIPs unter den Schlüsselarten – ohne ihn wäre die Gästeliste ziemlich leer. Von der Biberpräsenz profitieren Amphibien, Libellen, Wasservögel, Ringelnattern, europäische Sumpfschildkröten und viele andere tierische Partygäste.
„Viele Süßwasserbewohner mussten schon immer mit den Baukünsten des Bibers klarkommen oder sind erst durch seinen Einfluss entstanden. Alle modernen Arten müssen daher zumindest ein bisschen Biber mögen. Die positiven Reaktionen zeigen, dass Bibergewässer der Renner sind (zum Beispiel für den Grasfrosch). Manche Arten sind wahrscheinlich sogar auf die Biber-Baukunst angewiesen. Biberaktivitäten sind der geheime Schlüssel, ohne den sich die typischen Gewässergemeinschaften nicht voll entfalten können,“ so Meßlinger 2014. „Die Ökosystemleistung des Bibers ist also wirklich beeindruckend“, schreibt Schön.
Die Beziehung zwischen Bibern und
Menschen
Seit Ewigkeiten wurden Biber wegen ihres Fells, dem „Bibergeil“ (das ist ein Drüsensekret, das sie zur Reviermarkierung nutzen), und ihrem Fleisch gejagt. Man hat dem „Bibergeil“ oder Castoreum allerlei heilende Wirkungen zugeschrieben, und es wurde auch in der Parfümherstellung eingesetzt. Ein Papstedikt zwischen 1414 und 1418 hat den Biber wegen seiner Lebensweise und dem schuppigen Schwanz als Fisch bezeichnet, weshalb man ihn an Fastentagen essen durfte. Die intensive Jagd hat die Biber in Nordamerika (Kanadischer Biber) und Europa fast ausgerottet.
Heutzutage gibt es Stress, wenn menschliche Interessen auf die Lebensräume der Biber treffen. Biber gestalten ihren Lebensraum aktiv und können dabei den menschlichen Plänen in die Quere kommen. Probleme entstehen durch das Fällen von Bäumen, das Fressen von Feldfrüchten, Bauten in Uferböschungen und aufgestaute Gewässer. Landwirtschaftliche Schäden entstehen vor allem durch den Bau von Dämmen, die Überschwemmungen verursachen. Man liest oft von „Problembibern“ und „Biberplagen“, und die Freude über ihre Rückkehr wird oft durch Forderungen nach einer Bestandskontrolle überschattet. „Biberkonflikte sind (…) im Grunde genommen Raumnutzungskonflikte zwischen Biber und Mensch, wobei natürlich nur der Mensch das als Konflikt sieht.“
Wie man mit Bibern umgeht, ist in den Bundesländern ziemlich unterschiedlich. In Bayern, wo es viele Biber gibt, werden einige getötet. In NRW ist das nicht der Fall – dort gibt es einfach nicht so viele Biber, und deshalb sind auch die Konflikte seltener.
Um mit den Bibern klarzukommen, braucht es ein gutes Management, mit dem man die meisten Probleme lösen kann. Ein Bibermanagement sollte diese Punkte abdecken:
Information: Die Leute müssen Bescheid wissen über die Biber, wie sie leben und was sie für das Ökosystem tun, und wie man Schäden vermeiden kann.
Monitoring: Man braucht gute Daten über die Anzahl und Verteilung der Biberreviere. Daraus kann man dann abschätzen, wie viele Biber es insgesamt gibt. Pro Familienrevier rechnet man mit etwa fünf Tieren.
Geldmittel bereitstellen: Um wirtschaftliche Schäden zu verringern, vor allem für Landwirte, und um Präventivmaßnahmen durchzuführen, braucht man genug Geld. Ohne das wird die Akzeptanz für Biber und ihren Schutz schwierig.
Präventivmaßnahmen: Verschiedene Maßnahmen können helfen, Schäden durch Biber zu vermeiden oder zu begrenzen. Zum Beispiel:
Um Fraßschäden zu vermeiden, kann man Zäune oder spezielle Anstriche für Bäume verwenden. Tipps dazu gibt es in Hölzler & Parz-Gollner. Grabeschäden kann man z. B. in Deichen durch Baustahlmatten oder Gitter verhindern.
Ein Biberdamm ist Teil der Lebensstätte des Bibers und nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG geschützt. Eingriffe sind nur mit Ausnahmen erlaubt. Man kann Dämme absenken, aber Biber brauchen mindestens 80 cm Wasserstand, sonst bauen sie den Damm wieder auf. In besonderen Fällen kann man den Damm komplett entfernen, etwa wenn Siedlungen betroffen sind. Der Wasserstand kann durch Drainagen reguliert werden.
Schutzmaßnahmen und Bedrohungen für den Biber
Der Biber steht unter dem fantastischen Schutz der Berner Konvention und ist in den Anhängen II und IV der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) streng geschützt! National wird dieser außergewöhnliche Artenschutz durch § 44 BNatSchG umgesetzt, der es verbietet, die beeindruckenden Individuen dieser streng geschützten Arten zu verletzen oder zu töten, ihre Populationen erheblich zu stören oder ihre wichtigen Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören. Ausnahmen sind nur unter strengen Prüfkriterien möglich, beispielsweise wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse wie die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vorliegt.
In Bayern jedoch werden jährlich zahlreiche Biber im Rahmen des „Bibermanagements“ getötet. Allein im Jahr 2022 in Bayern mehr als 2.300 Biber erlegt, was etwa 10 Prozent des landesweiten Bestandes ausmacht. In Baden-Württemberg werden die Stimmen immer lauter, dem bayerischen Weg beim Bibermanagement zu folgen.
In Nordrhein-Westfalen ist das LANUV (Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz) mit der spannenden Aufgabe betraut, einen Biber-Managementplan zu erstellen. Darin sollen innovative Konzepte für Vertragsnaturschutz und die Sicherung von Flächen sowie finanzielle Regelungen für Schadensfälle enthalten sein. Eine gesetzliche Verordnung zu Fang, Umsiedlung oder Tötung wie in Bayern ist bisher nicht vorgesehen.

Die Verbreitung und Anzahl der Biber in Deutschland
Ursprünglich war der Biber in weiten Teilen Europas verbreitet, und bis zu 100 Millionen dieser faszinierenden Tiere lebten zwischen der Polarregion und dem Mittelmeerraum! Leider wurde er durch direkte Verfolgung und die Verschlechterung seiner Lebensräume verdrängt und konnte nur noch in wenigen Rückzugsräumen überleben, wie an der mittleren Elbe in Deutschland, der unteren Rhone in Frankreich, im südlichen Norwegen sowie an Beresina und Dnepr in Belarus.
Doch dank engagierter Schutzmaßnahmen und gezielter Aussetzungen ist der Biber heute wieder auf dem Vormarsch und hat große Teile seines ursprünglichen Areals zurückerobert! Die Ausbreitung ist noch in vollem Gange, und besonders die Besiedlung der Oberläufe und kleineren Nebenflüsse steht in vielen Gebieten noch bevor.
In Deutschland lebt heute ein beeindruckender Bestand von etwa 40.000 Bibern! Rund die Hälfte davon hat sich in Bayern niedergelassen, wo der Biber in weiten Teilen des Landes zu Hause ist. Ein weiterer Schwerpunkt ist in den ostdeutschen Ländern zu finden, insbesondere in der Elberegion. Die größten, bislang noch nicht wiederbesiedelten Gebiete befinden sich im Westen und Norden Deutschlands.
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